Dienstag, 1. Juli 2008
Herrenmagazin - Atzelgift
Herrenmagazin stammen aus Hamburg, singen deutschsprachige Texte zwischen Gesellschaftskritik und persönlichen Gefühlschaos. Schwupps ist die Schublade mit der Aufschrift „Hamburger Schule“ geöffnet und „Atzelgift“ wird dorthin abgelegt. Und ich nehme es vorneweg, so ganz falsch liegt man damit sicher nicht. Zwar sind die Gitarren rauer, das Schlagzeug energischer, als bei den altgedienten Schubladenbewohnern um Blumfeld, Tocotronic oder Die Sterne, doch der Wohlfühlfaktor für Sänger Deniz Jaspersen und Bandkollegen dürfte in diesem Mikrokosmos Schublade am oberen Ende der Skala zu finden sein.
Man merkt dem Herrenmagazin die erfahrene Punkvergangenheit an, Befindlichkeitspop trifft hier auf Deutschrock. Im Opener „Früher war ich meistens traurig“ schmiegen sich die Gitarrenspuren aneinander und bäumen sich zu einem wütendem Mob auf. Das Schlagzeug mogelt sich derweil hinter die Gitarrenmeute und treibt sie von hinten immer weiter an. Dieses Strickmuster zieht sich in leichten Variationen durch die ganze Platte. Ganz nach dem Motto „Stumpfsinn ist Stärke“ aus „1000 Städte“. Dazu die unaufgeregte, aber dennoch kernige und kraftvolle Stimme von Deniz Jaspersen. Innovation geht anders, aber für eine solide Platte mit schrammeligen Deutschrock reicht es aus.
Es geht direkt und ohne Umschweife geradeaus nach vorne, Herrenmagazin verstecken sich nicht hinter irgendwelchen Ecken. In dieser rauen Einfachheit schwingt dennoch immer auch eine gewisse Traurigkeit und Melancholie mit. Wie etwa die zwischenmenschlichen Gefühlsdramen aus „Lilly Lametta“ oder „Sowiedubist“. Zum Abschluss gibt es im Hidden Track Gesellschaftskritik, welche in ein akustisches Kleid gesteckt wurde, darin aber keineswegs weniger energisch auftritt. Doch was befindlichkeitsfixierte Texte angeht haben andere Bands das Zepter in der Hand. Herrenmagazin hinken hier noch ein, zwei Schritte zurück.
Man kann „Atzelgift“ vorwerfen, zu sehr nach schon vorhandenem zu klingen, zu stark sich an den großen Vorbildern angelehnt zu haben. Aber ähnlich dem britischen „New-Hot-Shit-Hype-Phänomen“ wird es auch hier genügend Hörer geben, welche dem aufgedrückten Stempel Vertrauen schenken und Gefallen an der Platte finden.
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